Hilfe, mein Hund ist aggressiv!
Gerade hat der Hund noch so schön mit dem Kind gekuschelt und auf einmal - zack - schnappt er oder möchte sogar zubeißen? Zu Hause ist dein Vierbeiner ein wahrer Engel, aber draußen pöbelt er andere Hunde oder Menschen an und springt und zerrt an der Leine? Wenn es ums Futter geht, kennt dein Vierbeiner keinen Spaß und knurrt dich Zähne fletschend an?
Wenn der eigene Hund aggressives Verhalten zeigt, ist bei vielen Hundehalter*innen nicht nur die Überraschung, sondern auch die Verzweiflung groß. Doch was viele nicht wissen: Ein Hund zeigt in den seltensten Fällen plötzlich und unangekündigt aggressives Verhalten. Anders als wir Menschen kommunizieren Hunde ganz viel über die Körpersprache. Wenn ein Hund aggressives Verhalten wie ein Zuschnappen zeigt, gehen diesem Handeln häufig einige wichtige Signale voraus. Auch die Gründe für das Zeigen von aggressiven Verhaltensweisen können ganz verschieden sein. Aus diesem Grund ist es ganz wichtig, sich mit der →Körpersprache des eigenen Vierbeiners und dem der Hunde im Allgemeinen auseinanderzusetzen.
Manche Hunderassen gelten als aggressiver als andere - zubeißen können sie aber alle!
Aggressives Verhalten beim Hund trainieren
Vorweg möchten wir dir einmal ans Herz legen, dass aggressives Verhalten beim Hund etwas ernstzunehmendes ist. Bevor sich die Situation verschlimmert oder sich unerwünschte Verhaltensweisen bei deinem Hund verfestigen, solltest du Kontakt mit ausgebildeten Hundetrainer*innen aufnehmen. Im Internet nach →Tipps zu Recherchieren oder ein →Online-Hundetraining zu absolvieren kann hilfreich sein. Jedoch bedarf es für eine langfristige Verhaltensänderung beim Hund oftmals ein individuelles Training.
Hundetrainer*innen kommen zu dir nach Hause, hören sich ganz genau eure Geschichte an und beobachten, wie du und dein Vierbeiner miteinander interagiert. Sie erklären dir die Ursache für das aggressive Verhalten deines Hundes und besprechen mit dir mögliche Trainingsansätze, um gemeinsam daran zu arbeiten. Jedes Hund-Mensch-Team ist individuell und genauso individuell sehen Trainingswege aus.
Knurren, Bellen, Schnappen - ist das normal?
Wusstest du, dass aggressives Verhalten etwas ganz normales ist und zum Repertoire der Hundekommunikation dazugehört? Logisch eigentlich, denn Hunde sind Lebewesen und empfinden mehr als Freude übers Fresschen oder die nächste Kuscheleinheit. Auch Frust, Unsicherheit oder Angst gehören nun einmal dazu. Manchen →Hunderassen ist es außerdem in die Wiege gelegt, dass sie einen höheren Schutz- oder Wachtrieb haben und deswegen häufiger aggressive Verhaltenszüge zeigen.
Natürlich sollte und darf dein Hund nicht einfach alle Leute auf euren Spaziergängen die Hände tackern oder sich mit jedem Hund auf der Wiese raufen. Dennoch ist es wichtig zu verstehen, dass aggressives Verhalten bei Hunden in einem gewissen Rahmen dazugehört und nicht immer mit einer bösartigen Verletzungsabsicht gleichzusetzen ist. Aus diesem Grund ist es wichtig, zunächst einmal die Ursache für das aggressive Verhalten deines Hundes herauszufinden.
Unter gewissen Umständen sind aggressive Verhaltensweisen bei Hunden normal. Sie gehören zur Kommunikation genauso dazu wie freudig mit dem Schwänzchen wedeln.
Was ist die Ursache für das aggressive Verhalten deines Hundes?
Anders als wir Menschen können Hunde nicht mit Worten sagen, was sie gerade stört. Dennoch zeigen sie es uns in den meisten Fällen ganz deutlich - nämlich über die Körpersprache! Ein Hund, der sich beispielsweise nicht gern anfassen lässt, wird dies vielleicht zunächst mit einem Wegdrehen des Kopfes, einem Gähnen, schnellem Augenblinzeln oder sogar durch das Aufstehen und Weggehen deutlich machen. Setzen wir immer wieder nach und zwingen den Hund (unwissentlich) Körpernähe auf, wird er vielleicht irgendwann zuschnappen, um seine Grenzen noch deutlicher zu verteidigen.
Neben dem Überschreiten der sogenannten Individualtoleranz sind mögliche weitere Ursachen für das Zeigen von aggressivem Verhalten bei Hunden:
Unsicherheit
schlechte Erfahrungen/Vergangenheit
Wach- und Schutztrieb
Jagdtrieb
Frust
Status
Schmerz
Es können auch mehrere Ursachen gleichzeitig infrage kommen. So kann ein Hund, der eine geringe Frustrationstoleranz hat und unsicher im Umgang mit anderen Hunden ist, schneller pöbelnd in der Leine hängen als ein Hund, der selbstsicher und entspannt durch die Straßen läuft. Zudem beeinflussen sich manche dieser Ursachen auch gegenseitig, beispielsweise wenn ein Hund einen schmerzhaften Fahrradunfall hatte und nun Angst vor allen Radfahrer*innen hat und diese lautstark verbellt.
Kleiner Tipp: Lass deinen Hund auch einmal tierärztlich untersuchen. Vielleicht steckt eine Krankheit, die deinem Liebling Schmerzen bereitet, hinter der Aggression? Auch eine Störung des Hormonhaushaltes oder andere gesundheitliche Ursachen können aggressives Verhalten begünstigen. Tut sich dein Hund schwer mit Tierarztbesuchen, kannst du ihn mit leckeren Snacks während und auch nach der Behandlung ausgiebig belohnen!
Leckere Belohnungen für tapfere Hunde
Körpersignale des Hundes erkennen und richtig deuten
Wenn wir von aggressivem Verhalten sprechen, dann denken wir meist an beißen, bellen und knurren. Wie bereits erwähnt gehen diesen Verhaltensweisen oftmals jedoch noch zahlreiche andere Körpersignale - die sog. Beschwichtigungssignale, Übersprungshandlungen und Stresssignale - voraus. All diese Körpersignale vom leichten Beschwichtigungssignal bis hin zum mehrfachen Zubeißen mit Verletzungsabsicht werden in sogenannte Eskalationsstufen eingeteilt. Diese sind vergleichbar mit einer Ampel:
Die Eskalationsstufen
Grüner Bereich - alles im Lot, der Hund zeigt nett, dass ihn etwas stört: Verhaltensweisen wie gähnen, schütteln, Kopf wegdrehen oder über die Schnauze lecken sind im grünen Bereich.
Gelber Bereich - achtsam sein, der Hund zeigt deutlicher, dass etwas nicht stimmt: Verhaltensweisen wie bellen, aufgestelltes Rückenfell oder in die Leine beißen sind noch im gelben Bereich.
Roter Bereich - Notbremse ziehen, dein Hund weiß keinen anderen Ausweg: Verhaltensweisen wie in die Luft schnappen, gehemmtes Beißen bis hin zum ungehemmten Beißen sind im roten Bereich.
In Abhängigkeit von seinen individuellen Erfahrungen wird jeder Hund gewisse Beschwichtigungssignale und Verhaltensweisen öfter oder seltener bis nie zeigen.
Vor allem die Grenzen kleinerer Hunde werden häufig nicht respektiert. Knurren und Bellen wird meist als niedliches Verhalten abgetan, können aber auch mit einem schmerzhaften Biss enden.
Ein Beispiel: Ziel des Hundes = Mensch auf Abstand halten
Ein Hund, den du →aus zweiter Hand adoptiert hast, kann aufgrund zahlreicher schlechter Erfahrungen direkt aggressiv auf andere Menschen reagieren und zubeißen. Vielleicht wurden in der Vergangenheit seine Beschwichtigungssignale missachtet und er hat gelernt, dass er nur mit Zubeißen Erfolg erzielen und Menschen auf Abstand halten kann.
Ein Hund, welcher als Welpe zu dir kommt und von klein auf merkt, dass seine Individualtoleranz respektiert und auf kleinste Beschwichtigungssignale Rücksicht genommen wird, hat gelernt, dass er mit diesem Verhalten Erfolg erzielt (Mensch zieht sich zurück) und wird deswegen nicht direkt zubeißen.
Mittels Korrektur aggressives Verhalten beim Hund unterbinden?
Eine Korrektur kann in der Hundeerziehung ganz unterschiedlich aussehen. Schon ein "Neeein" oder ein kurzes "Na!" ist eine verbale Korrektur. Auf keinen Fall solltest du auf eigene Faust das aggressive Verhalten deines Hundes korrigieren. Das kann die Thematik nur noch verschlimmern. Dinge wie den Hund auf den Boden drücken, die Schnauze zu halten oder einfach kräftig an der Leine ziehen, sind keine geeigneten Hilfsmittel, um dem Hund nachhaltig zu helfen.
Eine Korrektur kann dabei helfen, dass dein Hund versteht, dass er gerade einen Fehler gemacht hat und etwas nicht erwünscht ist. Gleichzeitig musst du ihm aber auch zeigen, welches Verhalten stattdessen erwünscht ist und diese fördern bzw. bestärken. Außerdem ist es wichtig, an der Ursache für Aggression zu arbeiten und im besten Fall deinem Hund zu helfen, Alternativverhalten zu lernen und selbstsicherer und entspannter durchs Leben zu gehen. Bei einer Korrektur sollte es niemals darum gehen, das aggressive Verhalten einfach nur zu unterdrücken und den Hund "kleinzuhalten".
Auch hierbei kann und sollte dir eine Trainerin bzw. ein Trainer helfen. Achte darauf, dass du dir einen Profi an deine Seite holst, mit dem du dich wohlfühlst, gerne zusammenarbeitest und hinter dessen Trainingsansätzen du stehst.
Wenn du dich mit der Rasse deines Hundes auseinandersetzt und weißt, wie du mit ihr arbeiten kannst, werdet ihr ein starkes Team!
Gibt es ein Hunde-Aggressions-Training?
Wie du merkst, ist das Thema aggressives Verhalten bei Hunden ziemlich umfangreich und tiefgründig. Durch eine einfache Korrektur ist da meist nichts getan. Um das Verhalten deines Vierbeiners wirklich nachhaltig zu verändern und gemeinsam mit ihm ein Team zu werden, ist die →Zusammenarbeit mit erfahrenen Hundetrainer*innen nahezu unumgänglich.
Da Hunde anders als wir Menschen nicht mit Worten sagen können, was sie jetzt stört und wir ihnen genauso wenig mit Worten erklären können, dass sie bitte einfach entspannt an den anderen Hunden vorbei laufen sollen, kann ein spezielles Hunde-Aggressions-Training hilfreich sein. In den meisten Fällen liegt der Schlüssel zur Verhaltensänderung des Hundes bei den Halter*innen. Das heißt, mit der richtigen Trainerin oder dem passenden Trainer an deiner Seite, kannst du eine Menge über dich und deinen Hund lernen, mehr über Körpersprache von Hunden erfahren und deinem Hund die Sicherheit und Führung geben, die er benötigt.